Sandmühle

Abb. 1 Die Sandmühle und die Hohenzieritzer Mühle im Messtischblatt von 1884.

Auf dem Weg von Peckatel nach Blumenholz zeigt eine scharfe Linkskurve an, dass die Fahrt nun für etwa einen Kilometer durch das Waldgebiet geht, durch das der Ziemenbach fließt. Biegt man in der Kurve nach rechts ab, gelangt man auf den Weg zur Sandmühle. Eigentlich geht der Weg weiter in Richtung Neustrelitz, aber die Eigentümer der Sandmühle haben Schilder aufgestellt, mit denen signalisiert wird, dass Wanderer unerwünscht sind – leider!

Walter Karbe (1877 – 1956) und Walter Gotsmann (1891 – 1961), der eine einer der bekanntesten Heimatforscher im Stargarder Land, der andere langjähriger Kreisnaturschutzbeauftragter, begeisterten sich an der Sandmühle in ihrem 1955 erschienenen Wanderbüchlein „Über Hohenzieritz ins Tollensegebiet“: „Unvermutet liegt dann auf einer Waldlichtung die Sandmühle vor uns. Haben wir Glück, so können wir mit Schiller sagen: ‚Das Mühlrad, von der Flut gerafft, umwälzt sich für und für‘, oder mit Eichendorff: ‚In einem kühlen Grunde, da geht ein Mühlenrad‘. Aber wenn es auch stillsteht, so gewährt dieses altertümliche, moosbewachsene Holzrad einen Anblick, wie man ihn nur selten noch hat, da heute die meisten Mühlen elektrisch betrieben werden. Das Rad ist ein sogenanntes oberschlächtiges. Das Wasser wird ihm vermittels einer Holzrinne unter dem Weg hindurch vom Mühlenteich zugeführt. Dieses heute stark verkrautete Gewässer nimmt die meisten Bäche des quellenreichen Waldgeländes auf, deren größere früher mit Forellen besetzt waren. Wer sich Mühe gibt, kann hier noch die seltsame Larvenform des Neunauges, Querder genannt, finden. Der Abfluß des Teiches strebt zur Lieps und bildet den Anfang des weiterhin so mächtigen Tollensetales“ (Karbe & Gotsmann 1955: 13 f.).

Die Sandmühle wurde im Jahre 1366 als Mühlenstandort erstmalig urkundlich erwähnt (Kniesz 2001: 232) und es ist nicht auszuschließen, dass an der Stelle bereits damals eine Wassermühle errichtet wurde. Das noch vorhandene Mühlenhaus der Sandmühle wurde 1637 errichtet. Das Wohnhaus an der Sandmühle wurde etwa ein Jahrhundert später errichtet als die Mühle selbst. Das Gebäude, ein einfacher eingeschossiger Bau mit Krüppelwalmdach, steht auf mächtigen Fundamenten und besitzt kräftige Grundmauern (Materialsammlung Gemeinde Hohenzieritz III/VIII, Kniesz 2001: 232). 1768 war die oberschlächtige Wassermühle im Besitz des Herzogs Carl Ludwig Friedrich. Sie gehörte damals zum Amt Neustrelitz. 1812 zerstörte ein Brand den Dachstuhl des Wohnhauses, der anschließend mehrfach ausgebessert wurde (Anzeigenkurier 1994 in Materialsammlung Gemeinde Hohenzieritz III/VIII). 1821 zählte die Sandmühle zu Blumenholz, gehört aber dem Mecklenburg-Strelitzer Kabinettsamt, das sie an den Müller Friedrich Foth verpachtet hatte. 1843 betrieb der Pachtmüller Heinrich Russow die Mühle, 1855 war es Adolph Will, 1875 der Mühlenmeister August Bartels, 1880 der Mühlenmeister Johann Schmidt und 1895 Pächter Stutzriem. 1897 übernahm Pächter Heinrich Wöllert den Mühlenbetrieb und 1900 dessen Sohn Helmut Wöllert.

Zwischen 1876 und 1939 wohnten zwischen 6 und 14 (im Jahre 1939) Personen in der Sandmühle. 1937 betrieb Erbpächter Wöllert neben der Wassermühle auch eine Gaststätte, die bis 1945 ein beliebtes Ausflugslokal war (Materialsammlung Gemeinde Hohenzieritz III/VIII). Bis heute wohnen Nachfahren der Familie Wöllert in der Sandmühle.

Abb. 2 Türsturz des Mühlengebäudes mit der Jahreszahl 1637.
Abb. 3 Foto des noch erhaltenen Wohnhauses von 1985.

Ab 1961 wurde die Mühle nur noch elektrisch betrieben, das Wasser hatte als Antriebskraft ausgedient. In einem Zeitungsartikel vom Januar 1990 heißt es: „Die Jahreszahl 1637 über der Tür läßt kaum ein gutes Ereignis und sicherlich nicht die Mühlengründung vermuten; denn zu jener Zeit herrschte der Dreißigjährige Krieg. Noch immer wohnen Menschen dort, der Stille wegen zweifellos beneidenswert. Das Getriebe im Mühlkeller steht aber seit langem still, eiserne Kegelräder mit stehender Welle und Stirnrad, keineswegs steinalt, jedoch bereits eine Rarität. Darüber zu ebener Erde ein riesiger Raum, für Korn- und Mehlsäcke bestimmt. Auf einer Empore im Hintergrund der Schrotgang, Läufer und Bodenstein unter einem Holzbottich, auch ‚Kühen‘ genannt, verborgen. Der Weizengang stand ursprünglich daneben. Ein galgenartiger Apparat mit riesiger Eisenzange diente zum Aufheben der zentnerschweren Steine, wenn die stumpf gewordenen Mahlflächen geschärft werden mußten. Draußen, an der einstigen Wasserwand, die Trümmer des oberschlächtigen Mühlrads, das bis 1961 seinen Dienst tat. Die Anschaffungskosten des Elektromotors lagen unter dem Preis für ein neues Wasserrad“ (Gothe 1990).

Bis 1975 wurde in der Sandmühle gemahlen, dann wurde der Betrieb eingestellt. Im „Katastrophenwinter“ 1978/79 brach das Mühlrad unter dem Druck von Schneemassen zusammen (Materialsammlung Gemeinde Hohenzieritz III/VIII, Kniesz 2001: 232.). 1995 wurde an der Sandmühle durch Mitarbeiter der IPSE Neustrelitz ein neues Wehr erbaut, mit dem das Wasser des Baches gestaut und der fast verlandete Mühlenteich wieder aufgestaut werden sollte. Außerdem sollte das neue Wehr das Wasser regulieren, um die Qualität der Lebensräume für Tiere wie Bachneunaugen oder Eisvögel im Naturschutzgebiet Ziemenbachtal zu gewährleisten (Ernst 1995).

An der Sandmühle steht die „Louiseneiche“. Sie wurde vom Rat des Kreises Neustrelitz im Jahre 1972 als Naturdenkmal gesichert. Die Eiche war von Walter Gotsmann in den 1950er-Jahren auf ein Alter von über 500 Jahren geschätzt worden. Wie bei anderen Baumnaturdenkmalen auch wurde ihr Umfang in 1,30 m Höhe vermessen und 1974 betrug er 6,50 m, 1991 7,30 m und im Jahre 1995 7,50 m. Eine Sichtkontrolle fand im August 2000 statt. Damals wurde der Zustand als mäßig beschrieben, jedoch noch „eine relativ kräftige Belaubung“ festgestellt. Bei einem Besuch 2011 war Zustand der Eiche ähnlich. Die Eiche wird über kurz oder lang abgängig sein, es könnte aber noch das eine oder andere Jahrzehnt dauern. Vielleicht wird es möglich sein, sie auch, wenn sie abgestorben ist, unter Berücksichtigung notwendiger Sicherungsmaßnahmen noch längere Zeit stehen zu lassen, denn auch in diesem Zustand wird sie ihre „Merkwürdigkeit“ und „Ehrwürdigkeit“ noch lange behalten (Behrens & Matecki 2011: 24).

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Quellen

Abbildung 1: Ausschnitt aus: Königlich-Preussische Landes-Aufnahme 1882, herausgegeben 1884. Hohenzieritz Nr. 2544. Universität Rostock, Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät, Geoinformatik-Service (Hrsg.).

Abbildung 2: Privatarchiv Vanessa Götz, 2020.

Abbildung 3: Kniesz, J. 1985: Wassermühlen im Einzugsgebiet der Havel zwischen Neustrelitz und Feldberg. In: Kaiser, K., Kobel J., Küster, M. & Schwabe, M. (Hrsg.): Neue Beiträge zum Naturraum und zur Landschaftsgeschichte im Teilgebiet Serrahn des Müritz-Nationalparks.–Forschung und Monitoring, Bd. 4, Geozon Science Media, Berlin.

Behrens, H. & Matecki, U. 2016: Die Naturdenkmale in der Gemeinde Hohenzieritz. In: Klein Vielen e.V. – Leben zwischen Lieps und Havelquelle (Hrsg.). Dorfzeitung. Zwischen Lieps und Havelquelle. Nr. 3 (2011). Pegasus Druck. Berlin: 24-35.

Ernst, P. 1995: Neues Wehr bremst Wasser des Ziembaches. ABM-Truppe leistet hervorragende Arbeit. Nordkurier v. 11.3.1995.

Gothe, J. 1990: Die Sandmühle bei Hohenzieritz – ein technisches Denkmal. In: Der Demokrat – Bezirkszeitung der CDU Neubrandenburg, 4.1.1990.

Karbe, W. & Gotsmann, W. 1955: Über Hohenzieritz ins Tollensegebiet. Schriftenreihe der Natur- und Heimatfreunde – Ortsgruppe Neustrelitz, Heft 2. Neustrelitz.

Klein Vielen e.V. – Leben zwischen Lieps und Havelquelle (Hrsg.). Sandmühle. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff: 17.08.2021.

Kniesz, J. 2001: Mühlen in Mecklenburg- Strelitz. In: Erstling, F., Saß, F., Schulze, E. & Witzke, H.: Mecklenburg-Strelitz. Beiträge zur Geschichte einer Region. Band 2. Hrsg. vom Landkreis Mecklenburg-Strelitz. Friedland/Meckl.

Materialsammlung zur Ortschronik der Gemeinde Hohenzieritz mit den Ortsteilen Prillwitz und Zippelow: Unterlagen zu Mühlen, Ordner III/VIII und Zippelow, Ordner VII/VIII.