Entwicklung des Düngemitteleinsatzes in Mecklenburg II

Die Zunahme von Umweltproblemen

Abb. 1 Agrarflieger beim Ausbringen von Düngemitteln. Im Hintergrund erkennbar ist die Stadt Neubrandenburg.

Ende der 1980er Jahre erfolgte die Stickstoffdüngung im Projektgebiet für viele landwirtschaftliche Flächen aus der Luft. In Hohenzieritz und Hartwigsdorf wurden 1975 zwei Feldflugplätze angelegt, um das Gebiet mit Düngemitteln versorgen zu können (Lange 2002: 26). Im seenreichen Endmoränengebiet war eine präzise Ausbringung per Agrarflugzeug allerdings schwierig und viele Gewässer wurden verunreinigt. Auch Unfälle sollen häufiger vorgekommen sein, wurden in der DDR jedoch kaum öffentlich gemacht (Wensierski 1985: 62 ff.). Zudem wurde das Grundwasser häufig durch die schlechte Lagerung der Düngemittel in den Agrochemischen Zentren belastet. Dort wurden Dünger oft unbefestigt und ohne ausreichende Überdachung gelagert. Auch die Abwässer von den landwirtschaftlichen Maschinen wurden unsachgemäß abgeleitet (Heinz 2011: 320 f., Niemann: 631 f.).

Problematisch war auch die große Menge Gülle, die in den immer größeren Ställen anfiel. Die Lager- und Entsorgungsinfrastruktur wurde auf Grund der allgemeinen Knappheit an Mitteln vernachlässigt. Illegale Gülleentsorgung in Gewässern, Kiesgruben und Wäldern war nicht selten und belastete die Umwelt. Das Problem wurde durch die Aufteilung der landwirtschaftlichen Betriebe in Tierproduktion und Pflanzenproduktion noch verstärkt, da es die Koordination der Gülleverwendung verkomplizierte. Erst 1978 begann man die Tierproduktionsgroßanlagen mit Gülletrenneinrichtungen nachzurüsten (Niemann 2020: 633 f.).

In den 1980er Jahren zählte die DDR zu denjenigen europäischen Staaten mit der gravierendsten Umweltproblematik (Maurice 2019, S. 144). 1989 wurden 14 % der Grobfutterproben immer noch als zu nitratreich eingestuft. Weidevieh vergiftete sich an nitratverseuchtem Gras, an vielen Orten wurde die Milch durch zu hohe Harnstoffmengen wertlos. Auch Grund- und Oberflächengewässer wurden nitrathaltiger. 1988 galten 7,8 % aller Trinkwasserproben als nitratverseucht, sprich über dem Grenzwert liegend (Heinz 2011: 321, 323 ff., Niemann 2020: 605 f., 633 f.). Seit der Wiedervereinigung und dem wachsenden Bewusstsein für den Zustand der Umwelt sinkt der Verbrauch von Düngemitteln in der Landwirtschaft. Überdüngung und standortunangepasste Düngung bleiben trotzdem weiterhin bestehende Probleme (Illetschko 2019).

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Quellen

Abbildung 1: Bartocha, B. Bundesarchiv: Bild 183-N0213- 413 in Niemann 2020

Heinz, M. (2011): Von Mähdreschern und Musterdörfern – Industrialisierung der DDR-Landwirtschaft und die Wandlung des ländlichen Lebens am Beispiel der Nordbezirke. Metropol Verlag, Berlin.

Illetschko, P. 2019: Warum Überdüngung ein Problem für die Umwelt ist. STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H. (Hrsg.). Link zum Beitrag. Letzter Zugriff: 03.03.2022.

Lange, E. 2002: „Landwirtschaft im 20. Jahrhundert“ in: Die Geschichte von Hohenzieritz, Prillwitz und Zippelow. Gemeinde Hohenzieritz (Hrsg.): 18-31.

Niemann, M. (2020): Beständiger Wandel – Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft in Mecklenburg von 1900 bis 2000. Hinstorff Verlag GmbH, Rostock.

Maurice, P. 2019: Les mouvements environennementaux en République démocratique allemande. La naissance d’une écologie politique dans l’Allemagne communiste es années 1980. In: Allemagne d’aujoud’hui 228: 144-159.

Wensierski, P. 1985: „Wir haben Angst um unsere Kinder“ - SPIEGEL-Report über die Umweltverschmutzung in der DDR (II). In: Der Spiegel 1985 (29): 62–68.