Entwicklung der Betriebesgröße und -anzahl
Betrachtet man die landwirtschaftlich genutzte Fläche (LF) der Betriebe als Indikator für die Betriebsgröße, lässt sich feststellen, dass die Anzahl der Betriebe in den geringen Größenkategorien seit Jahrzehnten sinkt, während sie in den hohen Kategorien steigt. Dieser seit den 1950er Jahren beobachtete Trend setzt sich auch im 21. Jahrhundert fort (vgl. BMELV: 3 in UBA 2015: 33). Da im Verhältnis mehr kleine Betriebe verschwinden als große hinzukommen, sinkt insgesamt die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe. Waren es 1960 in der BRD noch 1,6 Mio. landwirtschaftliche Betriebe, fiel die Zahl über 632.000 Betriebe im Jahr 1991 für Gesamtdeutschland auf 450.000 Betriebe im Jahr 2001 (Neu 2005: 141). Im Jahr 2019 lag die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe (>5 ha) bei nur noch 266.000 (DBV 2019: 81).
Der Flächenanteil von Betrieben mit unter 20 ha LF sank im Laufe der letzten 20 Jahre um 41 % von 1,99 Mio. ha (AHA 2002: 95) auf 1,17 Mio. ha (DBV 2020: 81). Im Gegensatz dazu stieg die Fläche von Betrieben mit über 100 ha LF um 29 % von 7,89 auf 10,21 Mio. ha. In der Konsequenz dieser Entwicklung stieg die durchschnittliche LF pro Betrieb an: allein zwischen 1991 und 2001 wuchs sie von 26,1 ha auf 38,2 ha (Neu 2005: 142). 2019 bewirtschaftete jeder Betrieb in Deutschland im Durchschnitt 62,5 ha LF (DBV 2020: 81).
Interessant ist hierbei ein detaillierterer Blick auf die unterschiedliche Entwicklung der Betriebsgrößen in der ehemaligen DDR und der Bundesrepublik. Die Landwirtschaftspolitik der DDR setzte im Anschluss an die Bodenreform und der Enteignung von ca. 40 % der LF ab den 1950er Jahren auf Kollektivierung. Die Zahl der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) und ihrer LF stieg rasch. 1960 bewirtschafteten die LPG rund 90 % der Landesfläche der DDR. Im Bezirk Neubrandenburg betrug die Anzahl der LPG 1960 1.566 (Krenz 1996: 74). Die LF pro Betrieb lag 1955 bereits bei 329 ha (Krenz 1996: 38). Mit der weiteren Kollektivierung sank die Zahl der Betriebe in der DDR und die LF stieg dementsprechend bis 1970 auf 712 ha pro LPG und lag Ende der 1970er Jahre bei 1.265 ha (SZS 1976: 176). Im Bezirk Neubrandenburg war die Zahl der LPG innerhalb von zwei Jahrzehnten auf 356 gesunken (SZS 1981: 162 f.). Die LF einer LPG erhöhte sich bis 1989 nochmal leicht auf 1.595 ha (SZS 1990: 211 f.). Für eine durchschnittliche LPG Pflanzenproduktion lag der Wert 1989 sogar bei 4300 ha (Statistisches Amt der DDR 1990: 212 in Neu 2005: 138f.), während die Betriebsgröße im selben Jahr in der alten Bundesrepublik nur 18 ha betrug (Glaab & Griepenkerl 1999: 88 in Neu 2005 139).
Die Landwirtschaft in den alten Bundesländern ist traditionell durch Familienbetriebe geprägt. Um 1950 gab es etwa 2 Millionen Bauernhöfe in der damaligen Bundesrepublik, die 1960 im Schnitt 7,5 ha groß waren (Schwenner 2021). Statistisch wurden diese Betriebe als Einzelunternehmen erfasst. Personengesellschaften waren im Gegensatz zur DDR bis in die 1980er Jahre nicht relevant (Köhne 2008: 136). In Ostdeutschland dominierten in Folge der Kollektivierung juristische Personen (wie eG und GmbH) als Rechtsformen für landwirtschaftliche Unternehmen. Erst im Laufe der 1990er Jahre nahm die Bedeutung von Personengesellschaften und Genossenschaften auch im Bereich der damaligen Bundesrepublik zu, insbesondere durch ihren Anteil an den bewirtschafteten Flächen (Köhne 2008: 136). In den neuen Bundesländern entwickelte sich nach der Wende ein Nebeneinander von kleineren Familienbetrieben und LPG-Folgeunternehmen. Trotzdem lagen die Zahlen auch 2001 immer noch weit auseinander: Während in Ostdeutschland die Durchschnittsgröße landwirtschaftlicher Betriebe 182,3 ha betrug, belief sie sich in Westdeutschland lediglich auf 27,6 ha (Neu 2005: 142). Anstatt sich anzunähern stieg die durchschnittliche LF pro Betrieb in den alten Bundesländern auf 40,7 ha, in den neuen Ländern allerdings auch auf 227,3 ha LF (Behrens 2011). 2019 hatten vier der fünf Flächenländer Ostdeutschlands im Durchschnitt eine betriebliche LF von teils weit über 200 ha – mit 272,6 ha in Mecklenburg-Vorpommern als höchstem Wert –, wohingegen sie etwa in den südlichen Bundesländern Westdeutschlands in der Regel unter 50 ha betrug (DBV 2020: 82).
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Quellen
Abbildung 1: Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (Hrsg.) 2020: Wie haben sich Anzahl und Größe landwirtschaftlicher Betriebe entwickelt? Link zum Bild. Letzter Zugriff: 01.03.2022.
Abbildung 2: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.) 2022: Landwirtschaft in Ostdeutschland: der späte Erfolg der DDR. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff: 01.03.2022.
[AHA] Andreas Hermes Akademie (Hrsg.) 2002: Situationsbericht 2003. Trends und Fakten zur Landwirtschaft. Bonn-Röttgen.
Behrens, H. 2011: Tabellen zur Konzentration landwirtschaftlicher Betriebe und ihrer Flächen in der alten BRD und der ehemaligen DDR auf Grundlage der Statistischen Jahrbücher Landwirtschaft.
[DBV] Deutscher Bauernverband (Hrsg.) 2019: Situationsbericht 2019/20. Trends und Fakten zur Landwirtschaft. Berlin
[DBV] Deutscher Bauernverband (Hrsg.) 2020: Situationsbericht 2020/21. Trends und Fakten zur Landwirtschaft. Berlin.
Köhne, M. 2008: Die große Zeit des Wandels. Entwicklung der Organisationsstrukturen in der Landwirtschaft und deren Umfeld. In: Brand-Saßen, H.; Golter, F.; Köhne, M.; Schnieders, R. (Hrsg.): Landwirtschaft im Umbruch. Agrarpolitik, Markt, Strukturen und Finanzierung seit den siebziger Jahren. Stuttgart: Eugen Ulmer KG: 129-177
Martens, B. 2010: Landwirtschaft in Ostdeutschland: der späte Erfolg der DDR. Bundeszentrale für politische Bildung.
Neu, C. 2005: Landwirtschaftliche Unternehmen. In: Beetz, S.; Brauer, K.; Neu, C. (Hrsg.): Handwörterbuch zur ländlichen Gesellschaft in Deutschland. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften: 136-146.
[SZS 1976; 1981; 1990] Staatliche Zentralverwaltung für Statistik der DDR (Hrsg.) 1976; 1981; 1990: Statistisches Jahrbuch der Deutschen Demokratischen Republik. Berlin: Staatsverlag der DDR.
Steiner, A. 2004: Von Plan zu Plan: eine Wirtschaftsgeschichte der DDR. Deutsche Verlags-Anstalt: 186.
[UBA] Umweltbundesamt (Hrsg.) 2015: 30 Jahre SRU-Sondergutachten „Umweltprobleme der Landwirtschaft. Eine Bilanz. Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt.