Erste Stufe der Industriellen Revolution

Abb. 1 Dreifelderwirtschaft in der Gemarkung Peckatel 1757.
Abb. 2 Die Gemarkung Peccatel nach Einführung der Gutswirtschaft 1858. Die Flurformen von 1757 sind verschwunden.
Abb. 3 Einsatz der ersten Dreschmaschine 1882 bei Schwerin.

Zeigen die Directorialvermessungskarten aus dem Jahr 1757 noch ein enges Nebeneinander von „mittelalterlicher“ Dreifelderwirtschaft und „frühindustrieller“ Schlagwirtschaft in den benachbarten Gemarkungen Peckatel und Klein Vielen im Herzogtum Mecklenburg-Schwerin, war dieses Bild einige Jahre später verschwunden. Bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts führten einige Adlige die Holsteinische Koppelwirtschaft ein. Das neue System wurde entsprechend der mecklenburgischen Verhältnisse angepasst und als mecklenburgische Schlagwirtschaft auch in Vorpommern angewandt. Da eine Umsetzung große geschlossene Flächen erforderte, wurde den wirtschaftenden Bauern oftmals Land entzogen. Teilweise wurden ihnen kleinere Ersatzflächen in Randlage zugewiesen oder sie mussten fortan als Tagelöhner auf den Gütern anheuern. „Die Hauptarbeitskräfte auf den Gütern waren jedoch die zu Arbeitsdienstleistungen verpflichteten Bauern mit ihren eigenen Geräten und Zugkräften, denn die Gutsbetriebe verfügten nur über einen geringen eigenen Bestand“ (Buchsteiner 2000: 43). Ein solches System war jedoch kaum zu notwendigen Produktionssteigerungen in der Lage, die im Rahmen der beginnenden Industrialisierung auch im Bereich Landwirtschaft erforderlich waren.

Ende des 19. Jahrhunderts wurden 87 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) von adligen oder bürgerlichen Agrarunternehmen, größeren Bauern und Großbauern bewirtschaftet, die erforderliche Investitionen im Rahmen der fortschreitenden Industrialisierung leisten konnten. Gutswirtschaften hatten einen Anteil von etwa 60 % an der LN. Parallel stieg durch Besitzregulierungen im Zuge von Agrarreformen die Anzahl an Klein- und Kleinstbauern, die oftmals zusätzlich als Lohnarbeiter auf den Gütern arbeiten mussten, um das Familieneinkommen sichern zu können (Buchsteiner 2000: 44).

In der Gemarkung Peckatel war für die Durchsetzung der Schlagwirtschaft die Errichtung eines Gutes und ein Ausbau der letzten Bauern notwendig. So zeigte sich bereits Mitte des 19. Jahrhunderts ein völlig verändertes Dorfbild und das ehemalige Angerdorf präsentierte sich als Gutsdorf (Behrens & Hoffmann 2019: 233).

Wandel der stofflich-energetischen und agrarstrukturellen Grundlage

Im Zuge der industriellen Revolution werden aktuell im Bezug zur stofflich-energetischen Grundlage zwei Stufen unterschieden. Die erste Stufe umfasst die Phase der Schwerindustrie auf der Basis von Stein- und Braunkohle, die zweite die auf Basis von Erdöl und Erdgas, die vor allem die Chemieindustrie stark vorantrieb. Der Übergang zu den fossilen Energieträgern hatte nicht nur Auswirkungen auf die sozialen Strukturen, sondern auch ökologische Folgen (Behrens & Hoffmann 2019: 233).

Im stark land- und forstwirtschaftlich geprägten Projektgebiet verbreiteten sich im Zuge der ersten Stufe der industriellen Revolution Baustoffe wie Ziegel, Steindach und Dachpappe, die aus dem neuen Bereich der dampfbetriebenen industriellen Fertigung stammten. Auch neue landwirtschaftliche Technik wie Lokomobile und Dreschmaschinen wurde zunehmend eingesetzt. Gutseigentümer wie beispielsweise in Peckatel versuchten dampfgetriebene Kleinindustrien anzusiedeln. Lesen Sie hier mehr dazu.

Nach 1871 erhöhte sich mit der Herausbildung eines weltweiten Getreidemarktes und der Verfügbarkeit von billigem Importgut der Druck auf die ostdeutschen Betriebe. Die Produktion wurde durch Maßnahmen wie einer Erweiterung des Ackerlandes und Steigerung des Hackfruchtanbaus, der Erhöhung der Tierbestände und dem vermehrten Einsatz von Maschinen intensiviert. Den möglicherweise entscheidenden Intensivierungsfaktor bildeten die seit Ende des 19. Jahrhunderts verstärkt eingesetzten anorganischen Düngemittel (Behrens & Hoffmann 2019: 233 f.). So erhöhte sich der Verbrauch von Kali in Mecklenburg innerhalb von 15 Jahren von 86 dt pro 100 ha im Jahr 1895 auf 819 dt im Jahr 1905 und lag damit weit über dem deutschlandweiten Durchschnittsverbrauch von 577 dt (Buchsteiner 2000: 46).

In der Projektregion lässt sich die Zunahme der Flächen für die ackerbauliche Nutzung gut am Beispiel der Gemarkung Jennyhof, 1796 als Meierei des Hauptgutes Peckatel entstanden, nachvollziehen. Nutzt man die Directorialvermessungskarte von 1757 und das Messtischblatt von 1884 als zu vergleichende Kartengrundlagen, werden erhebliche Unterschiede sichtbar. Die Karte von 1757 zeigt eine große Anzahl von Feldern, auf denen einzelne Bauern und Pächter der Dreifelderwirtschaft nachkamen. Mit der Gründung der Siedlung Jennyhof 1796 wurden nicht nur Gebäude errichtet und ein Zufahrtsweg angelegt, auch die landwirtschaftliche Nutzung hatte sich gewandelt. So waren Felder zu Schlägen zusammengelegt, Entwässerungsgräben ausgehoben und Wiesen für eine Nutzung trockengelegt worden. Der Anteil der Ackerflächen nahm zwischen den verglichenen Zeitschnitten um fast 20 % von 51,5 5 auf 79,7 % zu. Grünlandflächen dagegen machten anstatt 40 % nur noch 14, 3 % der Landfläche aus. Auch die offenen Wasserflächen verloren an Flächenanteilen. Detaillierte Informationen zu Jennyhof finden sich in Behrens & Hoffmann (2019) ab Seite 234 oder in Behrens (2012) ab Seite 25.

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Quellen

Abbildung 1: LHA Schwerin 12.12-1 Nr. 1346.

Abbildung 2: LHA Schwerin 12.21-1 Nr. 617.

Abbildung 3: Wikimedia (Hrsg.) 2022: Einsatz der ersten Dreschmaschine in Lankow bei Schwerin. Gemälde von Carl Malchin aus 1882. Link zum Bild. Letzter Zugriff: 21.02.2022.

Behrens, H. 2012: Niedergang und Ende von Jennyhof. In: Klein Vielen e.V. – Leben zwischen Lieps und Havelquelle (Hrsg.). Dorfzeitung. Zwischen Lieps und Havelquelle. Nr. 4 (2012). Pegasus-Druck. Berlin. S. 25-49. Link zur Ausgabe. Letzter Zugriff: 05.03.2021.

Behrens, H. & Hoffmann, J. 2019: Zur Periodisierung des Landschaftswandels. In: Landschaft im Wandel. Erfassung – Bewertung – Wahrnehmung. Steffen Verlag: 159-253.

Buchsteiner, I. 2000: Die Modernisierung der agrarischen Verhältnisse in Mecklenburg und Pommern von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg. In: Müller, K. (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte der Industrialisierung in Mecklenburg und Vorpommern. Reihe Geschichte Mecklenburg-Vorpommern Nr. 10, hrsg. von der Friedrich-Ebert-Stiftung. Schwerin: 43-49.