Die Geschichte der Mechanisierung der deutschen Landwirtschaft
Mähdrescher
Die ersten Mähdrescher wurden Ende der 1920er Jahre aus den USA nach Deutschland importiert. Die Maschinen zeigten sich für die mitteleuropäischen Erntebedingungen jedoch wenig tauglich, da hier sowohl längeres als auch feuchteres Stroh zu verarbeiten war (Claas KGaA 2013: 197). Der damals noch kleine Hersteller Claas begann in den 1930er Jahren mit der Entwicklung eines eigenen Mähdreschers. Der Betrieb setzte auf einen gezogenen Mähdrescher, für den jedoch ein komplett neues Dreschwerk entwickelt werden musste. Nach einigen Rückschlägen wurde die erste Maschine die Mähwerk, Dreschwerk und Binder (MDB) kombinierte (Baedecker & Lenge 2003: 31) im Sommer 1936 auf dem ostdeutschen Rittergut Zschernitz eingesetzt (Claas KGaA 2013: 201). Anschließend wurde der Mähdreschbinder in Serie produziert. Angetrieben wurde die Maschine wie bereits die Vorgängermodelle über die Zapfwelle des ziehenden Schleppers. Dieser war im Optimalfall luftbereift und mit einer Leistung von 45 PS ausgestattet. Bedingungen, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg häufiger erfüllt werden konnten. 1943 wurde die Produktion zunächst auf Kriegsmaterial umgestellt (Baedecker & Lenge 2003: 31).
Entwicklung der Anteile des Potenzials von verschiedenen Muskel- und Kraftantrieben in der Landwirtschaft
Parallel zur fortschreitenden Mechanisierung gingen die Anteile der menschlichen und tierischen Antriebskraft konstant zurück. Machten Pferde, Zugochsen und -kühe noch bis in die 1930er Jahre den Großteil der Zugkraft aus, wurden diese nach und nach von motorbasierten Kräften abgelöst. Die in der Anfangszeit der Mechanisierung bewunderten Dampfantriebe (etwa Lokomobile) verschwanden ab ca. 1945 nahezu vollständig von den Feldern. Auch Elektroantriebe, die ihren Höhepunkt in den 1940er Jahren hatten, wurden anschließend zügig durch ölbasierte Verbrennungsmotoren verdrängt und pendelten sich ab 1970 bei einem Anteil von etwa 15 % ein.
Entwicklungen nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg stand die Überwindung der Nahrungsmittelknappheit im Vordergrund. Neben künstlichen Düngemitteln sollte die zunehmende Mechanisierung landwirtschaftlicher Arbeiten Abhilfe schaffen (Grießer 2002). So probierten sich auch Hersteller aus anderen Bereichen des Maschinenbaus auf dem Gebiet der Landmaschinen. Das führte dazu, dass es in den 1950er Jahren etwa 60 verschiedene Traktorhersteller in Deutschland gab, welche ihre Produktion allerdings zum Teil auf Vorkriegstechnologien aufbauten (Krombholz et al. 2009: 61). Die Schlepper verbreiteten sich in den Nachkriegsjahren mit schneller Geschwindigkeit in der Landwirtschaft. In den 1960er Jahren wurde die Entwicklung und Herstellung von Motoren zunehmend von spezialisierten Betrieben durchgeführt (Krombholz et al. 2009: 60) und auch die Landwirte spezialisierten sich häufig auf einen passenden Landmaschinenhersteller. Begünstigt wurde die Technisierungswelle ab 1958 durch die Herausbildung eines europäischen Binnenmarktes (Janowitz o. J.). Im Vergleich zur BRD war der Traktorbestand der DDR weniger vielfältig. Die DDR importierte in den 1960er Jahren einen Großteil der benötigten Maschinen aus den verfügbaren Beständen der UdSSR und den osteuropäischen Ländern. Darunter auch der legendäre „Ferguson“, welcher ab 1959 als IMT 533 aus Jugoslawien eingeführt wurde (Krombholz et al. 2009: 68). Nachdem es einige Jahrzehnte stagniert hatte, nahm das Leistungsniveau der Traktoren ab dem Ende der 1960er Jahre zu (Uekötter 2011: 325 ff.). Diese Entwicklung ermöglichte es, Folgegeräte an das Hauptgerät anzukoppeln und die zuvor einzelnen Schritte wie pflügen, eggen, schleppen und walzen in wenigen Arbeitsgängen miteinander zu verbinden. So konnte die Maschinenleistung besser ausgenutzt und die Arbeitszeit des Schlepperfahrers verkürzt werden (Koswig 1951: 5).
Ab den 1970er Jahren ging die Traktorenzahl durch die Einführung leistungsstärkerer Traktoren, der verstärken Nutzung von LKW für den Transport und dem Übergang zu selbstfahrenden Erntemaschinen zurück (Groschoff 1976: 79). Bereits in den 1950er und 1960er Jahren waren erste selbstfahrende Mähdrescher entwickelt worden. Neue Maßstäbe setzten jedoch die Maschinen in den 1970er Jahren, die erstmals mit hydrostatischen Fahrantrieben ausgestattet waren (Baedecker & Lange 2003). Immer komplexere Maschinensysteme setzten neue Standards und ermöglichten eine höhere Qualität und Effizienz bei der Arbeit (Groschoff 1976: 79). Traktoren mit über 100 PS und moderne Mähdrescher gehörten immer häufiger zur Ausstattung eines Landwirtes. Im Stallbereich nutzte man bald standardmäßig moderne Melkanlagen sowie Futtermisch- und Futterdosieranlagen, die Erträge und Milchleistung in die Höhe trieben (Janowitz o. J.).
Heute sind Landmaschinen „intelligente Hightech-Erntehelfer“, deren Position sich mit Hilfe von GPS-Steuerung exakt bestimmen lässt. Durch die zunehmende Automatisierung von Prozessen werden weiterhin Arbeitskräfte eingespart. Seit ein paar Jahren übernehmen die Maschinen die optimalen Ernteeinstellungen im Tagesverlauf vollautomatisch. Druschgeschwindigkeit und Durchsatzleistung konnten so nochmals gesteigert werden (fluid 2022).
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Quellen
Abbildung 1: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie (Hrsg.) 2022: Claas Mäh-Dresch-Binder Link zum Bild. Letzter Zugriff: 18.03.2022.
Abbildung 2: Krombholz, K. 2018: Gedanken zur Vorgeschichte von Landwirtschaft 4.0: 11. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff: 21.03.2022.
Abbildung 3: Annatefka.nl (Hrsg.) 2022: Link zum Bild. Letzter Zugriff: 21.03.2022.
Abbildung 4: Landtechnikmagazin (Hrsg.) 2022: Erster selbstfahrender Mähdrescher. Link zum Bild. Letzter Zugriff: 21.03.2022.
Abbildung 5: CLAAS KGaA mbH (Hrsg.) 2022: Moderne Erntehelfer.
Claas KGaA mbh (Hrsg.) 2013: 100 Jahre besser ernten. Class. 1. Auflage. Delius Klasing Verlag, Harsewinkel: 193–201.
Baedecker, M. & Lenge, R. 2003: Die Claas Mähdrescher Story. 2. Auflage. Landwirtschaftsverlag, Hiltrup: 26–37.
Fluid (Hrsg.) 2016: Revolution der Erntetechnik. Der Mähdrescher. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff: 21.03.2022.
Grießer, A. 2002: Die Entwicklung des primären Sektors in der BRD nach 1945. Studienarbeit an der Friedrich-Schiller-Universität Jena: 1-27.
Groschoff, K. 1976: Industriemäßige Produktionsmethoden in der sozialistischen Landwirtschaft der DDR. Dietz Verlag: Berlin.
Janowitz, H. o. J.: Von Muskelkraft zur Motorkraft.Technische Entwicklung in der Landwirtschaft. Link zum Beitrag. Letzter Zugriff: 21.03.2022.
Koswig, M. 1951: Neue Wege der Bodenbearbeitung, in: Agrartechnik Band. 1, Januar 1961: 5-7
Krombholz, K. et al. 2009: 100 Jahre Landtechnik. Von Handarbeit zu Hightech in Deutschland, DLG-Verlags-GmbH: Frankfurt am Main.
Krombholz, K. 2018: Gedanken zur Vorgeschichte von Landwirtschaft 4.0. In: Frerichs, L. (Hrsg.): Jahrbuch Agrartechnik 2018. Braunschweig: Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge: 1-17.
Uekötter, F. 2011: Die Wahrheit ist auf dem Feld. Eine Wissensgeschichte der deutschen Landwirtschaft. Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen.