Erinnerungen zum Konflikt zwischen bewahrendem Naturschutz und gestaltender Landeskultur
Mit der Gründung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften Anfang der 1950er Jahre begannen die großen Veränderungen in der Landschaft, die tief greifende Auswirkungen nicht nur auf das Landschaftsbild, sondern genauso für den Landschaftshaushalt und die frei lebende Tierwelt und die wild wachsenden Pflanzen haben sollten. Damit ist das Thema umrissen, das uns in den folgenden Jahrzehnten beschäftigen sollte.
Es begann 1958 mit der landeskulturellen Bearbeitung der LPG-Flur Groß Nemerow bei Neubrandenburg. Das war der erste Versuch, sich diesem Thema zu nähern. Das Büro für Stadt- und Dorfplanung war ebenfalls mit der Neuordnung der Fluren der LPG Groß Nemerow befasst. Für Harry Schmidt und mich bestand die Aufgabe darin, die mit der Neuordnung der Flur aus der intensiven Ackernutzung heraus fallenden Flächen zu erfassen und Vorschläge für eine weitere Nutzung zu unterbreiten. Da gab es so genanntes Ödland, also ehemalige Ackerflächen in steilen Hanglagen, die länger nicht mehr bewirtschaftet worden waren, auf denen sich inzwischen „artenreiche Trockenrasen“ entwickelt hatten. Um diese Standorte nutzbar zu machen, schlugen wir eine Aufforstung vor. Heute wären solche Trockenrasen nach den Richtlinien der Naturschützer in Brüssel FFH-Lebensräume. Wir hätten „Pflegepläne“ erstellen und irgendwen, in der Regel den Flächeneigentümer, überzeugen müssen, diesen Pflegeplan auch umzusetzen. Welche Maßnahmen wären das gewesen? Der Hang hätte alle paar Jahre umgepflügt und sich dann selbst überlassen werden müssen. Nur damit wäre die interessante Flora auf dem erodierten Standort zu erhalten gewesen, doch wir schlugen die Aufforstung vor, damit konnte die Bodenerosion gestoppt und eine Gesundung des Bodens erreicht werden. Dieser grundsätzliche Konflikt zwischen bewahrendem Naturschutz und gestaltender Landeskultur, der bis heute ungelöst ist, wurde mir damals in Groß Nemerow zum ersten Mal bewusst.