Erinnerungen zur Umweltbewegung in der DDR

Natürlich gab es auch in kirchlichen Kreisen Umweltbewegte, dort hätte aber viel mehr entstehen können. Die Meinung, dass die christlichen Umweltbewegungen die Entscheidenden waren beim Systemwandel mag vielleicht in der Endphase der DDR richtig sein. Mich prägten vor allem Persönlichkeiten, die sich im Kulturbund zusammenschlossen, dort ein Dach fanden und schon in den 1950er, 1960er Jahren Fehlentwicklungen wahrnahmen, dagegen arbeiteten und vor allem viele Menschen an der Basis zusammenführten, die Gleichgesinnte um sich scharten, Bewegungen aufbauten, und schließlich immer mehr in Kollision mit der Staatsmacht kamen. Bei Kretschmanns wurde 1960, als ich wieder einmal dort war und wir auf Exkursion waren, heimlich alles durchsucht. Bis heute kaum bekannt ist wie man 1960 erfolgreich versuchte die Kretschmanns aus dem Müritzhof zu verdrängen, denn mit ihren Sichten passten sie nicht mehr in die sich „weiter entwickelnde Gesellschaft“ als „sozialistische Leiter“. Vom Müritzhof verwiesen bauten sie sich dann als „Freie“, als Freischaffende im Sozialismus (auch das gab es) ihr „Haus der Naturpflege“ in Bad Freienwalde auf, unabhängig von den Zwängen der Partei. Sie zogen wiederum Menschen aus der ganzen Republik in ihre Gärten, ihre Ausstellungen, vermittelten praktisches Wissen, Mut und Hoffnung. Reimar Gilsenbach trat schon ab Anfang der 80er Jahre bei Kulturbundveranstaltungen in Reden, in Gedichten zunehmend unerschrockener, mutiger auf, sagte Wahrheiten, die erstarren ließen. Das Netzwerk der Staatssicherheit funktionierte in diesem Staat, trotzdem ist vielen Mutigen in der Regel ja aber nichts passiert.

Prof. Dr. Michael Succow