Dr. Karl Heinz Großer

Erinnerungen zur Arbeitsgruppe Potsdam des Instituts für Landschaftsforschung und Naturschutz

In den Zweigstellen hatten wir neben der von der Akademie verlangten Forschungstätigkeit unsere Dienstaufgaben und wir hatten vier Bezirke zu betreuen: Potsdam, Frankfurt, Cottbus und Berlin-Ost. Da war dauernd etwas los. Das war auch ein Spagat, den man mit der Zeit hinkriegen musste. Auf der einen Seite gab es die Forschung und die Forderungen der Akademie, die immer rabiater wurden. Auf der anderen Seite kamen andauernd die Bezirke mit irgendetwas oder Kreisbeauftragte meldeten sich, dass etwas passiert sei und eine Stellungnahme verfasst werden müsse.

Als ich die Stelle in Potsdam übernahm, war es nicht so, dass wir gleich eine Forschungsaufgabe vorgegeben bekamen, sondern Professor Meusel überließ uns das. Ich musste mir also erst mal selbst überlegen, was zu tun ist. Wir stellten fest, dass es zu den Waldschutzgebieten, also den Naturschutzgebieten im Wald, kaum vegetationskundliche Unterlagen gab. Das wollten wir nachholen und hatten somit ein Projekt, die Vegetationsuntersuchung der brandenburgischen Waldschutzgebiete. Das machte ich zusammen mit Dr. Karl-Heinz Mansik und Dr. Wolfgang Fischer und wir kamen damit ganz gut raus. […]

1968 bekam das ILN den Status eines Volkseigenen Betriebes. Das war auch die Zeit der Hochschulreformen, wo die Fakultäten aufgelöst, die Sektionen gebildet wurden. Da war es bei uns die Akademiereform und die Institute wurden sozusagen selbständig. Unser erster Auftrag war 1968 eine Studie über Erholungswälder im Auftrag der VVB Forstwirtschaft Potsdam. Man hatte die Forstwirtschaft ja auch mal wieder umorganisiert und die Staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe wie die Industrie in Betriebe und Vereinigungen Volkseigener Betriebe (VVB) aufgegliedert. Es gab eine VVB Waren für den ganzen Norden, VVB Potsdam, das war hier der mittlere Bereich. Das war so ungefähr nach den Wuchsgebieten gegliedert. Dann gab es eine VVB Cottbus, Dresden, Karl-Marx-Stadt und Suhl. Das waren sozusagen die Generaldirektionen der Forstwirtschaft. Die Staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe waren auch Wirtschaftsbetriebe, die sich selbst ernähren mussten und nicht aus dem Staatshaushalt bezahlt werden sollten. Das ging eine ganze Zeit, bis man dann wieder zurückruderte, die VVBs aufgelöst wurden und die Räte der Bezirke für die Forstwirtschaftsbetriebe verantwortlich waren. In der Abteilung Landwirtschaft gab es da eine Unterabteilung Forstwirtschaft. In den 1970er Jahren hatten wir es dann mit vier Unterabteilungen Forstwirtschaft zu tun. Das brauchte eine gewisse Zeit, bis man sich aneinander gewöhnte. Dr. Mansik und ich trafen zum Teil unsere alten Kommilitonen dort wieder. Manches, was sonst großen Streit verursacht hätte, konnte so auf persönlicher Basis geregelt werden. Ich muss sagen, ich bin mit den Bezirken und den Oberlandforstmeistern, die dann in den Bezirken die obersten Chefs waren, ganz gut ausgekommen. […]

Wir hatten uns die Arbeit in den Bezirken ein bisschen eingeteilt. Dr. Mansik kümmerte sich mehr um den Bezirk Frankfurt, ich mich wegen meiner Lausitzer Herkunft mehr um den Bezirk Cottbus, Dr. Fischer oder nach dessen Weggang Dr. Uwe Wegener mehr um den Bezirk Potsdam. Was in Berlin zu machen war, teilten wir uns. Es war ja nicht so, dass da nichts zu tun war. Ab den 1970er Jahren kam eine neue Form der Wissenschaftsorganisation mit den Forschungskomplexen und Forschungsteilkomplexen auf. Zusammen mit anderen regionalen Arbeitsgruppen – Zweigstellen durften wir uns da nicht mehr nennen – hatten wir nun bestimmte Komplexthemen zu bearbeiten, die in Absprache mit der Zentralen Naturschutzverwaltung und mit den Bezirken über die Akademie an uns delegiert wurden. […]

Bis 1968 konnten wir das Forschungsgeschehen selbst steuern. Wir hatten die ganze Arbeit mit den Naturschutzgebieten in der Hand. Ich sagte mir dann, dass wir entsprechend auch für die Landschaftsschutzgebiete bestimmte Grundsätze finden müssen, nach denen die Landschaftspflegepläne zu machen sind. Das war wesentlich komplizierter und zeitaufwendiger. Die Büros für Territorialplanung, die das auch hätten machen können und vorher auch gemacht hatten, durften das nicht mehr machen. Das war vom Vorsitzenden der Staatlichen Plankommission, Gerhard Schürer, angewiesen worden, dass sie sich mit solchen Sachen nicht beschäftigen sollten. Das durfte nicht mehr sein, also mussten wir uns andere Gruppen heranholen. Von den größeren Landschaftsschutzgebieten sind dann doch welche bearbeitet worden.

Literatur zum Weiterlesen

Behrens, H.: Lexikon der Naturschutzbeauftragten. Band 3: Naturschutzgeschichte und Naturschutzbeauftragte in Berlin und Brandenburg. Hg.: Institut für Umweltgeschichte und Regionalentwicklung e.V., Friedland 2010: 608-618.

Institut für Umweltgeschichte und Regionalentwicklung e.V. (Hg.), Lutz Reichhoff & Uwe Wegener (Bearb.): ILN. Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz Halle. Forschungsgeschichte des ersten deutschen Naturschutzinstituts Berlin 2016.

Behrens, H. und Hoffmann, J. (Hg..): Naturschutzgeschichte(n) – Lebenswege zwischen Ostseeküste und Erzgebirge. Friedland 2013.

Zur Person

18.05.1925-18.06.2015

Studium der Forstwissenschaften in Berlin (Humboldt-Universität) und Eberswalde; Promotion 1954

1950 bis 1956 Tätigkeit am Institut für Waldkunde der Forstwirtschaftlichen Fakultät der HUB in Eberswalde; 1956 bis 1959 Tätigkeit am Staatlichen Museum für Naturkunde Görlitz; danach 31 Jahre wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz, davon 24 Jahre Leiter der Arbeitsgruppe Potsdam des ILN; 1990 Emeritierung; danach Fortsetzung der wissenschaftlich-technischen Arbeit (Naturschutz, Landschaftspflege, Waldkunde) vorwiegend in Süd-Brandenburg und in der Oberlausitz