Die 2018 stillgelegte Justizvollzugsanstalt (JVA) auf dem Lindenberg war bis Ende 1989 die neueste Spezialhaftanstalt des MfS der DDR mit rund 200 Zellen und Verhörräumen. Nach dem Umbau zu einer JVA in den 1990er Jahren und deren Aufgabe 2018 war sie, außer für Justiz- und Sicherheitsdienste, für Niemanden zu besichtigen. Bauliche Gegebenheiten ließen eine Begehung des Gebäudes ohne Erklärung und Hilfe durch Ortskundige nicht zu.
Es ist der Initiative der Vier-Tore-Stadt Neubrandenburg, der Hochschule Neubrandenburg und der RAA-Geschichtswerkstatt zeitlupe zu verdanken, dass nun ein Einblick in das bislang geschlossene Objekt möglich ist. Am Nachmittag des 28. Juni 2022, von 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr, können Interessierte die Gelegenheit einer Führung durch das Gebäude wahrnehmen.
Für diesen Tag konnten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justiz gewonnen werden, die ab den 1990er Jahren in der ehemaligen JVA gearbeitet haben und mit dem Gebäude entsprechend gut vertraut sind. Deren freiwilligem Engagement ist es zu verdanken, dass am 28. Juni Führungen durch das Gebäude möglich sind, die sie in ihrer Freizeit ehrenamtlich anbieten. Am Vormittag gibt es in der Zeit von 09:00 Uhr bis 12:00 Uhr zudem Angebote für Schulklassen, um den gesamten Gebäudekomplex der Staatssicherheit in Neubrandenburg näher kennenzulernen.
Die Idee, die JVA der Öffentlichkeit zugängig zu machen, geht auf eine Podiumsdiskussion zurück, die im November 2021 als Kooperationsprojekt der Hochschule Neubrandenburg,der RAA M-V und der Vier-Tore-Stadt Neubrandenburg in der St. Michaels Gemeinde stattfand. Dort wurde deutlich, dass selbst wenn an diesem Ort Um- oder Rückbauten erfolgen, in jedem Falle für Wege des dauerhaften Erinnerns und Gedenkens gesorgt
werden muss. Hierfür wurde und wird gemeinsam mit der Bevölkerung ein Diskussionsprozess beschritten und nunmehr der Zugang für Interessierte auch im jetzigen Zustand des Gebäudes ermöglicht. Die Vier-Tore-Stadt Neubrandenburg und die involvierten Partner folgen diesem Gedanken mit voller Überzeugung.
Oberbürgermeister Silvio Witt wird an dem Tag der offenen Tür ab 14:00 Uhr auf dem Lindenberg vor Ort sein. Die benachbarte Außenstelle des Stasi-Unterlagen-Archivs bietet ein begleitendes Programm und wird von 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr Informationen zu ihrer Arbeit geben.
Als Teil des Stasi-Unterlagen-Archivs ist die Außenstelle für Anträge auf Akteneinsicht zuständig. Öffentliche Führungen durch das Archiv sind für 15:00 Uhr und 16:30 Uhr geplant. Drei Professoren der Hochschule Neubrandenburg bereiten derzeit ein oral-history-Projekt vor, in dem Stimmen der vom DDR-Unrecht Betroffenen für die Sozialgeschichte der Zivilgesellschaft Mecklenburg-Vorpommerns bewahrt werden sollen. Die Veranstaltenden hoffen, dass sich an diesem Tag auch Zeitzeugeninnen und -zeugen vor Ort melden, deren Wissen und Erfahrungen über die Zustände von vor 1990 dringend gesucht werden.
Die Haftanstalt auf dem Lindenberg wurde erstmals im Jahr 1987 in Betrieb genommen. Anfang der 1990er Jahre fanden umfangreiche Umbaumaßnahmen am und im Gebäude statt. Auch wenn die Räumlichkeiten anschließend fast 30 Jahre als Justizvollzugsanstalt nach bundesdeutschem Recht bis zu ihrer Stilllegung im Jahr 2018 genutzt wurden, blieb der Eindruck einer DDR-Haftanstalt „neuen Typs“ bis heute erhalten.
Unterstützung für den Tag der offenen Tür kommt auch vom Land Mecklenburg-Vorpommern, in dessen Zuständigkeit sich die Liegenschaft befindet. Die Veranstaltung wird durch die Hochschule Neubrandenburg und die RAA-Geschichtswerkstatt zeitlupe beratend und logistisch sowie durch die Landeszentrale für politische Bildung finanziell unterstützt.
Da die Parkplätze vor Ort begrenzt sind, empfiehlt sich eine Anfahrt mit dem öffentlichen Nahverkehr. Es wird darauf hingewiesen, dass keine Barrierefreiheit besteht. Um eine Voranmeldung wird gebeten unter: www.hs-nb.de/hiregion/haftanstalt. Interessierte Schülerinnen, Schüler und Lehrpersonen können sich beim Kulturamt Neubrandenburg anmelden: bianka.buelow@neubrandenburg.de, Telefon: 0395 - 555 1305.
Tag der offenen Tür in der zur JVA umgebauten ehemaligen Haftanstalt der Stasi auf dem Lindenberg
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