Generationenübergreifende Integration und Solidarität in ländlichen Räumen (GENIUS)

Genius wird von 2019 bis zum Jahr 2022 in Zusammenarbeit mit VertreterInnen und Angehörigen dörflicher Gemeinden des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte eine webbasierte Vernetzungs- und Beteiligungsstruktur entwickeln. Diese GENIUS-App wird Bedarfe in Ihren Gemeinden sichtbar machen, um Lösungen in der Vernetzung mit anderen Gemeinden und Angebote im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte zu finden und die Bürger aktiv in die Gestaltung des sozialen, politischen und kulturellen Umfeldes der eigenen Gemeinde einbinden. In der digitalen Zusammenführung von regionalen kommunalen, zivilgesellschftlichen und kommerziellen Angeboten mit den in Beteiligungsprozessen sichtbar gemachten Bedarfen wird ein Beitrag zur Stärkung des kommunalen Bürgersinnes gesehen.

 

In ausgewählten Gemeinden werden die infrastrukturellen, kulturellen, landschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten statistisch und qualitativ erfasst und systematisiert. Anhand von ermittelten Bedarfspfaden werden Abfrage-Architekturen für die Anwendung der Daseinsvorsorgeplanung in den Modellgemeinden erarbeitet und mit Angaben zur soziokulturellen Selbstdarstellung der Modellgemeinden in ein Webportal integriert. In einzelnen Testphasen werden diese Abfragemechanismen an öffentlich zugänglichen und durch Gemeindevertreter moderierten, internetfähigen GENIUS-Stationen getestet. Anschlussfähige Prozeduren werden in einer Portalstruktur zusammengefasst und in einem Testzeitraum in den Modellgemeinden evaluiert und die Anwendungsfähigkeit für kommunale und andere Gemeinschaftsaufgaben im Sinne eines community buildings überprüft.

Hintergrund: Modell LETHE zum soziokulturellen Empowerment

Das Modell LETHE soll die Ebenen alltäglicher Ressourcen verdeutlichen, die auf unterschiedliche Kommunikationsmittel verweisen. Wie in der Grafik zu sehen ist, kann die Problemorientierung der kommunalen Lernzelle in einen Prozess des Empowerments gewandelt werden (vgl. Forkel 2017, Forkel 2021). Das wird an einer Steigerung der Komplexität festgemacht, die von einer Handlungsfähigkeit auf der Grundlage von Ressourcen auf individueller Ebene ausgeht. Diese ermöglicht Aktivierungen und eine Überführung in ein Gemeinschaftshandeln, welches mittels der Objektivation der Gemeindearbeit in nachhaltige Strukturen idealiter überführt werden kann. Dabei steht die Verstehbarkeit des Kohärenzgefühls in einer Korrespondenz mit der Strukturiertheit und Vorhersehbarkeit der Strukturen des sozialen Feldes, die im Modell LETHE über die Bestimmung von Netzwerk und Öffentlichkeit ermittelt wird.

Die Prozesshaftigkeit der Intervention ist kreisförmig in das Modell LETHE eingetragen und versinnbildlicht die kumulativen Effekte von Aktivierung und Ressourcenakkumulation, die über Anerkennungen und Wertschätzungen der eigenen Aufwendungen für das Gemeindehandeln moderiert werden. Gerade in dieser Arbeit an den Anerkennungsstrukturen durch den Bezug auf die Ressourcenhaftigkeit der eigenen Biographie wird die Möglichkeit der Aufrechterhaltung dieses Prozesses durch nachfolgende Ideen und Projekte im Modell LETHE gesehen.

Fachaustausch und Koordination der transdisziplinären Zusammenarbeit HiRegion 2019

Fachaustausch und Koordination der transdisziplinären Zusammenarbeit HiRegion 2019

Feldvorbereitungen und Fachgespräche 2019

Zusammenarbeit in der Region, Fachaustausch für ein Gesundheitszentrum Friedland

Zusammenarbeit in der Region, Fachaustausch für ein Gesundheitszentrum Friedland

Fachtag Senioren 2019

Gemeinsame Tagung des Kreisseniorenbeirates MSE und Hochschule in der Region (HiRegion)

Als ein Beispiel für den fachlichen Austausch zu Bedürfnissen und Angeboten in regionalen Lebenslagen kann der Fachtag Generationenübergreifende Integration und Solidarität Älterer in der Region in Kooperation mit der Sitzung des Kreisseniorenbeirates MSE gemeinsam mit den TV Daseinsvorsorge, TV Familienbildung, TV Quartier, TV Mobilität, TV Kunst, HiRegion Management aufgeführt werden. Themen:

1. Generationenwandel gestern und heute

  • Entwicklung der Generationen, Zusammenhalt im Alter
  • Generationenlücke der 1990er Jahre, alte und neue BürgerInnen
  • heute 'junge Alte' und individuelle Bedarfe

2. Herausforderungen in den Kommunen

  • nachbarschaftliche und familiäre Unterstützungen im Alter
  • Gesundheitsförderung/ Prävention
  • Hilfe und Pflegebedürftigkeit
  • Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Kommune, Ortsvorstehern, Seniorenbeirat Wohlfahrtsorganisationen

3. Teilhabe im demographischen Wandel

Entwurf und Arbeitsstand seniorenpolitisches Gesamtkonzept aus Sicht des KSB

  • Mobilitätskonzepte für den ländlichen Raum, Erreichbarkeit der Versorgungstrukturen
  • ehrenamtliches Engagement nicht zum Nulltarif, Teilhabe am gesellschaftlichen Wohlstand
  • Wohnsituation/ neue Wohnformen, Barrierefreiheit
  • Gelegenheitsstrukturen und Treffpunkte für Ältere

4. Lernen und Mitbestimmung im Lebensumfeld

  • Bildungsangebote Seniorenakademie/ Volkshochschule/ Hochschule
  • Verbesserung der Kommunikation zwischen professioneller und ehrenamtlicher/ nachbarschaftlicher Arbeit
  • Feste, Traditionen, Kunst, Tanz, Theater

Gespräche mit den gewählten GemeindevertreterInnen 2019

In allen vier Modellgemeinden des Untersuchungsgebietes wurden vorbereitende Gespräche zu den Erwartungen und Unterstützungsmöglichkeiten für das Projekt GENIUS besprochen. Zentral waren hier die Vorbereitungen der Gemeindewerkstätten nach dem Modell LETHE.

Mit der Kommunalwahl MV 2019 hat sich in vielen Gemeinden ein Generationenwechsel durchgesetzt. Viele jüngere EinwohnerInnen wurden nach vielen Jahren der Kontiuität Gemeindevertreterin oder Gemeindevertreter und stellen sich als ehrenamtliche Bürgermeisterin oder Bürgermeister zur Wahl.

Das Interesse in den Gemeinderäten für einen Entwicklungsprozess für ein digitales Gemeindezentrum war angesichts der in den letzten Jahrzehnten sich verschärfenden Schwierigkeiten, zentrale Orte und Anlaufstellen in den Gemeinden finanziell und räumlich bereitszustellen groß.

Es wurde deutlich gemacht, dass eine solche digitale Lösung für die Einwohnerinnen und Einwohner einen langen Lernprozess bedeutet und die technische Verfügbarkeit von Internetanschlüssen vielerorts kritisch zu sehen ist. Eine digitale Entwicklung kann infrastrukturelle Mankos in den Gemeinden nicht ersetzen, diese jedoch wieder mehr in das Dorfgespräch und damit auch zu eigeninitiativen und kommunalen Lösungen voranbringen.

Gemeindewerkstätten nach dem Modell LETHE 2019/ 2020

Unter Anwendung des Werkstattmodells LETHE zur Konzeption des Zugangs zu kleineren und kleinsten Gemeinden wurde in dieser Phase auf der Grundlage eines Ressourcenmodells zunächst ein Top-down-Zugang zu den Gemeinden erarbeitet. Ziel dieses Vorgehens war die Legitimierung der Präsenz in den Gemeinden und eine möglichst hohe Akzeptanz und Erreichbarkeit von möglichst vielen Einwohnerinnen und Einwohner.

Die Gemeindewerkstätten wurden in Räumlichkeiten der Dörfer durchgeführt. Die Teilnehmerzahl repräsentierte 20-60% der erreichbaren Bevölkerung. Nach einer einleitenden Zusammenfassung der Recherchen zu den Gemeinden als Präsentation wurden vier Themengruppen (soziale Netzwerke, Infrastrukturen, kulturelle Aktivitäten und Gesundheit) an einzelnen Tischen zur Erfassung von bestehenden Angeboten, Potenzialen, Bedarfen und Bedürfnissen nach jeweils einer halben Stunde gewechselt.

Regionalkonferenz 2021: Zusammenleben in Stadt und Land. Impulse für das Bürgerparlament.

Digitale und analoge Wege zur Formulierung von Bedarfen für nachhaltige Lösungen in der Region.

Hybrid-Veranstaltung: Zusammenleben in Stadt und Land 2021. Impulse für das Bürgerparlament. Impuls der Bürgermeisterin Isolde Deutschmann.

Im Rahmen der Regionalkonferenz 2021 wurde als Tagungsformat ein Bürgerparlament zu grundsätzlichen Steuerungsfragen der demokratischen Entwicklung des dörflichen Lebens diskutiert und für die kommunale Praxis aufgearbeitet. In der Tagung wurden die Funktionen einer demokratischen Öffentlichkeit gemeinsam mit Partnern, Einwohnerinnen und Einwohnern experimentell und impulsgebend weiter erkundet. In diesem experimentellen Format sollten die Erkenntnisse aus der analogen und der digitalen Herangehensweise zusammengeführt werden. Dazu wurden die Einwohnerinnen und Einwohner des LK MSE eingeladen, ihre Anliegen und Ideen in die Diskussion einzubringen. In der zweiteiligen Veranstaltung soll die Gelegenheit gegeben werden, nach Impulsen zu zentralen Themen in der Region, Empfehlungen an das politische Handeln zu formulieren. Die Methode einer kommunalen Bürgerwerkstatt gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern, der Verwaltung und der Politik hat sich bewährt und wird in Zukunft weiter zu verfolgen und auszuarbeiten sein.

Die wichtigsten Vorschläge für die kommunale Modernisierung waren: Schaffung und Ausbau von kostenlosen, barrierefreien Raumnutzungen für die zivilgesellschaftlichen Akteure für mehr Kultur, Gesundheits- und Bildungschancen in den Gemeinden und Quartieren. Gefordert werden aktuelle Informationen zu den Bereichen der Daseinsvorsorge, zu Angeboten der Hilfe und Beratung sowie Förderprogrammen des Landes und des Bundes auf Gemeinde- und Quartiersebene. Analoge und digitale Formate sind hierzu zu nutzen. Aufnahme von Jugendarbeit, Kultur- und Gesundheitsförderung als Pflichtaufgaben in der Kommunalverfassung.

Die Impulse für das politische Handeln werden weiter gemeinsam ausformuliert und als Empfehlungen an die Entscheidungsträger mit allen Beteiligten als neu geschaffenes, aktives Netzwerk ausgearbeitet. Eine gemeinsame wissenschaftliche Veröffentlichung als Zusammenarbeit aller Partner ist geplant.

Bürgerbeteiligung GENIUS 2021/ 2022

Nach zahlreichen Forschungen und empirischen Belegen auf der Gemeindeebene in der Region im Sinne einer partizipativen Bürgerbeteiligung und Gesundheitsforschung zeichnet sich ab, dass eine grundsätzliche Aktivierung des Bürgersinnes in den ländlichen Gemeinden der Region in den Bereichen der gesundheitlichen Kompetenz und der politischen Bildung im Setting Dorf zunächst auf Vorstufen der Partizipation (Information, Anhörung, Einbeziehung) angewiesen ist, um mit Konzepten der Mit- und Selbstbestimmung vor Ort wirksam zu werden (vgl. Wright et al. 2010). Digitale Angebote, die sich auf eine Zielgruppe, eine Problemlage oder lediglich den kommunikativen Austausch ausrichten, werden in den Gemeinden bislang kaum angenommen, bzw. sind technisch nicht erreichbar. Der Befund persistierender Defizitlagen muss dabei trotz aller lebensweltlicher Kompensationen und integrierten Bemühungen der Sozial- und Raumplanung weiter unterstrichen werden.

Bürgerbeteiligung GENIUS

Bürgerbeteiligung GENIUS

Das Portal GENIUS: Zusammenleben im ländlichen Raum ist ein Angebot des Projektes Generationenübergreifende Integration und Solidarität im ländlichen Raum der Hochschule Neubrandenburg. Mit der Online-Beteiligung sollen Bedürfnisse und Angebote aus allen Bereichen des alltäglichen Lebens zusammegetragen werden.

GENIUS-Stationen zur Bürgerbeteiligung in den Gemeinden 2021/2022

Die Dialogzentrale GENIUS ist seit dem 9. Juni 2021 öffentlich unter der Adresse genius-mse.de zugänglich. Zur Wahrung des Ansatzes einer generationenübergreifenden Gemeinwesenarbeit wurde die Konstruktion eines Terminals mit integriertem Bildschirm in Auftrag gegeben. An diesem und einem weiteren Terminal ist barrierefrei die Darstellung der Dialogzentrale GENIUS ebenso möglich, wie die Bedienung der Plattform mittels Tastatur und Maus oder mittels Touch-Funktion.

An diesen sogenannten GENIUS-Stationen wurde in den regelmäßigen Präsenzen in den ersten beiden Gemeinden eine gemeinsame Arbeit mit den Bürgerinnen und Bürgern aller Altersgruppen eigeninitiativ und begleitet möglich. An der Hochschule konnte ein vorhandener responsibler Promoscreen auf die Erfordernisse des Projektes hin umprogrammiert werden, sodass nun zwei GENIUS-Stationen parallel in zwei Gemeinden betrieben werden können. Diese Station kann mittels Touch-Funktion bedient werden.

Nach Absprachen mit den Gemeindevertretungen, Vorstellung der Plattform in den Gemeinderäten und der Anmietung von Räumlichkeiten in den Gemeinden für die Aufstellung der Stationen wurden im Juni und Juli 2021 diese Stationen in den ersten beiden Dörfern installiert. In Gemeindeversammlungen wurden die Funktionen und Möglichkeiten der Stationen erläutert. Alle Einwohner haben per Einwurf eine Postkarte mit der Internetadresse und den gemeinsamen Terminen an der GENIUS-Station in den Gemeindezentren erhalten. Somit können Einwohnerinnen und Einwohner mit Internetanschluss auch zu Hause mit der Plattform umgehen. Im weiteren Verlauf der Arbeit in den Gemeinden wurde mit regelmäßigen wöchentlichen Präsenzzeiten in den Gemeinden das Vertrauen in die Beteiligung gestärkt und vor allem die wenig internetaffinen Gruppen an das Format herangeführt.

In der weiteren Projektentwicklung wird das Protal nach der begleiteten Gemeindearbeit in den Untersuchungsgemeinden und in Absprache mit den Ämtern und dem Landkreis Mecklenburgische Seenplatte für den Landkreis beworben. Die Auswertung der Thesendiskussionen verfolgt das Ziel einer präzisen Kategorieentwicklung für ein Gemeindeprotal. Die Auswertung der markierten Angebote und Bedarfe fließt direkt in das Datenmanagement der Untersuchungsgemeinden für einen Konzeptentwurf der Gemeindeseiten ein.

Aufruf Linksammlung Bürgerinformationsplattform MSE

Aufruf Linksammlung Bürgerinformationsplattform MSE

Padlet zur Sammlung von bereits bestehenden Überblicksseiten und Informationsdiensten, die Informationen, Hilfen und andere Angebote kategorisiert haben. Die Informationen sollten für Menschen in der Region aufbereitet und die Angebote nutzbar sein.

Ergebnis

  • Stärkung dezentraler, zivilgesellschaftlicher Strukturen
  • Erfassung von Ressourcen und Bedarfen vor Ort
  • IT-Lösungen zur Information, Beteiligung und Bedarfsmeldung in Dörfern
  • Verbesserung der intraregionalen Kommunikation und Partizipation

Kooperationspartner

  • Landkreis Mecklenburgische Seenplatte
  • Gemeinden des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte
  • Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit Brandenburg
  • Landesvereinigung für Gesundheitsförderung Mecklenburg-Vorpommern e. V.
  • Deutsche Digitale Bibliothek, Stiftung Preußischer Kulturbesitz

Projektveröffentlichungen / Publikationen

Ansprechperson

Eine Zusammenstellung der Mehrwerte, die das Gesamtprojekt HiRegion gemeinsam mit den Partner*innen für die Region erarbeitet hat, finden Sie hier.

Das Projekt GENIUS: Gemeindearbeit und Digitalisierung wurde geleitet von Projektleiterin Prof. Dr. Júlia Wéber und Projektleiter Prof. Dr. Wolfgang von Gahlen-Hoops und wurde von dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Jens A. Forkel M.A mit umgesetzt.