Seinen Ausbildungsplatz als Landwirt hat Carl von Diest per Zeitungsannonce gefunden. Inzwischen studiert er an der Hochschule Neubrandenburg im Master Agrarwirtschaft und schreibt seine Abschlussarbeit. Was sich in dieser Zeit dagegen kaum geändert hat, ist die schwierige Kommunikation zwischen landwirtschaftlichen Betrieben und Menschen, die auf der Suche nach Jobs in der Landwirtschaft sind. So läuft die Suche nach Erntehelfer*innen auch heute oftmals noch über Aushänge am Schwarzen Brett. Für Carl und seinen Kollegen Hans-Georg stand fest: Das geht besser. Sie gründeten die digitale Plattform https://ackerprofis.de/, die junge Menschen und Landwirt*innen zusammenbringen soll. Wir haben ihn gefragt, wie es dazu kam.
Carl, Du hast zusammen mit Deinem Kollegen Hans-Georg Ackerprofis.de gegründet – eine Plattform, die Erntehelfer*innen an landwirtschaftliche Betriebe vermittelt. Was hat Euch auf diese Idee gebracht?
Wir haben die Plattform mit dem Wunsch gegründet, ein Problem zu lösen. In meinem Bachelorstudium und den Erntehelferjobs, die ich selbst erlebt habe, habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Kommunikation zwischen den Betrieben und den potentiellen Bewerberinnen und Bewerbern für Erntehelferjobs schlecht funktioniert. Landwirtinnen und Landwirte haben berichtet, dass die Jobangebote, die zum Beispiel per Aushang in den Hochschulen verbreitet werden, wenig Erfolg haben. Und Erntehelfergesuche in Form von PDF-Sheets, die in diversen Facebook-Gruppen hochgeladen werden, verschwinden mit der Zeit in der Chronik unter den folgenden Beiträgen. Zudem sind die Ergebnisse nicht filterbar, was die Suche nach dem Wunschbetrieb für die Bewerberinnen und Bewerber sehr erschwert.
Wer ist die Zielgruppe Eurer Plattform?
Die Betriebe suchen vorranging Abgänger von höheren Landbauschulen oder Studierende. Deswegen wollten wir ein Portal schaffen, bei dem alle Agrarhochschulen eingebunden werden und so viele Erntejobangebote wie möglich zur Verfügung stehen. Agrarstudierende oder Studieninteressierte müssen in der Regel ein Praktikum in der landwirtschaftlichen Praxis absolvieren und können diese Plattform somit ebenfalls gut nutzen. Auch wenn wir den Fokus auf Erntehelferjobs legen, können die Betriebe auch Praktika, Lehrstellen oder Festanstellungen inserieren.
Auch Betriebe im Ausland wie dem Baltikum und der Ukraine können bereits inserieren! So können die Studierenden direkt Kontakt zu den Betrieben aufnehmen, wenn sie ein Auslandspraktikum machen möchten und können gleichzeitig wertvolle Erfahrungen in der praktischen Landwirtschaft sammeln. Wir hoffen, eine dauerhafte Kommunikationsstütze für die Vermittlung dieser – für beide Seiten wichtigen – Jobs zu sein.
Wie funktioniert Ackerprofis.de?
Wir haben versucht, die Plattform so einfach und übersichtlich wie möglich zu halten. Interessierte können auf der Startseite mit Hilfe ihrer Postleitzahl nach verfügbaren Jobs im Umkreis suchen. Dieser Umkreis lässt sich natürlich beliebig verändern. Mithilfe einiger Suchkriterien können die Ergebnisse innerhalb des gewählten Umkreises gefiltert werden.
Bevorzugt jemand mit weniger pflanzenbaulicher Erfahrung beispielsweise einen kleineren, familiengeführten Betrieb, da er hier eine größere Chance auf Erfahrungsaustausch und Lernmöglichkeiten sieht, kann er ausschließlich nach solchen Angeboten suchen.
Den Betrieben geben wir die Möglichkeit, sich mit vielen Bildern und einer ausführlichen Betriebs- und Stellenbeschreibung attraktiv zu präsentieren. Zudem werden vereinzelt Betriebe über die sozialen Netzwerke vorgestellt, um potentielle Bewerber darauf aufmerksam zu machen.
Um Landwirtinnen und Landwirte vor dem Missbrauch ihrer Daten zu schützen haben wir ein Kontaktformular eingerichtet, das die Bewerberinnen und Bewerber zur Kontaktaufnahme nutzen können. So können beide Seiten bequem zueinander finden und unsere Arbeit ist getan.
Du hast hier an der Hochschule Neubrandenburg Agrarwirtschaft studiert, erst im Bachelor und nun im Master. Wie hat Dich das Studium auf eine Unternehmensgründung vorbereitet?
In vielerlei Hinsicht hat das Studium an der Hochschule einen gewissen Unternehmergeist geweckt. Neben den vielen Veranstaltungen wie dem Agrarökonomischen Seminar, in denen sich verschiedenste Unternehmen der Branche präsentieren, sind es die Exkursionen und Praktika, die den Horizont erweitern und uns Studierenden die Möglichkeit bieten, über den Tellerrand hinaus zu blicken. Zudem wird schon in der Bachelorspezialisierung „Agribusiness“ durch die Lehre in den verschiedensten Modulen das unternehmerische Denken angeregt und gefördert. Hier entstand die Idee. Die Hochschule bildet künftige Führungskräfte in der Landwirtschaft aus und wir Studierende erhalten dadurch wertvolle Einblicke in die Unternehmensgründung und -führung. Wer Lust hat, sich das nötige Know-How anzueignen, wird hier durch Module wie Steuerlehre, BWL, Marketing, strategische Unternehmensführung und Gründungslehre optimal auf eine Gründung vorbereitet.
Wie hat Dich die Region Mecklenburg-Vorpommern mit ihren landwirtschaftlichen Strukturen geprägt?
Ich durfte hier aufwachsen und so bestimmte die Region mein Bild der Landwirtschaft von Beginn an. Die Betriebe in der Umgebung, große Flächen und große Maschinen haben sicher ihren Teil dazu beigetragen, dass ich heute dort bin, wo ich bin. Die Professionalität und Präzision, mit der unsere Landwirtinnen und Landwirte arbeiten, suchen ihresgleichen, etwas was einem in kleiner strukturierten Gegenden möglicherweise nicht so bewusst ist. Die übliche Praxis des Einsatzes von Erntehelfern in unseren Breiten spielte natürlich eine Rolle, auf die Problematik aufmerksam zu werden und nach Lösungsansätzen zu suchen.
Jetzt stehst Du kurz vor Deinem Abschluss. Verrätst Du uns das Thema Deiner Masterarbeit?
Mit meiner Masterarbeit versuche ich, die Erfolgsfaktoren von Startups zu ermitteln – also Strategien und Voraussetzungen, die nötig sind, um diese jungen Unternehmen am Markt zu halten. Hier liegt das Augenmerk natürlich auf der Agrarbranche, auch weil sich hier in den kommenden Jahren wahrscheinlich eine Menge bewegen wird.
Carl, vielen Dank für Deine Zeit und weiterhin viel Erfolg im Studium und Ackerprofis.de.