Bildung der Zukunft ist digital: Nach dem ersten Lockdown in der Corona-Pandemie mit Distance Learning und Homeschooling haben auch Berufsschulen einen erhöhten Bedarf an fachspezifischen und praxisnahen Lernmaterialien in digitaler Form und neuen Lernszenarien. Schüler*innen, Lehrer*innen und Eltern erwarten, dass es nach der Corona-Pandemie mehr digitale Anwendungen im Bildungsbereich geben wird und gehen davon aus, dass künftig mehr digitale Medien und Materialien im Unterricht eingesetzt werden. Diesen Erwartungen gerecht zu werden, ist für alle Beteiligten oftmals eine Herausforderung, zeigen die aktuellen Ergebnisse des Digital-Index 2020/2021: Es gibt wenig Vorerfahrung und viele Hürden für das digitale Lehren und Lernen, obwohl sowohl Schüler*innen als auch Lehrkräfte Lust auf mehr Digitalisierung haben und sich mehr Bewegung und Flexibilität im Bildungswesen wünschen.
Um dem Wunsch und Anspruch nach mehr Digitalem in der Ausbildung von Lehrer*innen nachzukommen, wurde 2021 ein Sonderprogramm zur Digitalisierung in der Lehrer*innenbildung auf den Weg gebracht, welches Teil der aktuellen Zielvereinbarungen zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern und den Hochschulen des Landes ist. Das Programm läuft bis zum Ende des Jahres 2023 und soll die technische Infrastruktur, digitale Werkzeuge und Medien bereitstellen sowie den Kompetenzgewinn unterstützen.
Das Projektteam DigiLehrbildung geht diese Aufgaben mit einem etwas unkonventionellen Lehrprojekt an. Die digitale Bildung der angehenden Berufsschullehrer*innen an der Hochschule Neubrandenburg will das Projekt vor allem mit der Förderung der sogenannten Future Skills voranbringen. Dazu sollen Fähigkeiten wie Eigenständigkeit, Teamfähigkeit, Kritisches Denken und Selbstreflexion oder Kreativität durch Medienprojekte gefördert werden. Vor allem soll sich aber die Rolle des Lehrenden verändern: Der Lehrende oder die Lehrkräfte hat als Wissensvermittler ausgedient und wird in den Seminarveranstaltungen des Projektes zum Lernbegleiter und Moderator.
"Ja, es braucht neue Lehrfilme, digitale Aufgaben und Prüfungen, aber vor allem braucht es ein anderes Miteinander von Lehrer*innen und Schüler*innen. Wir wollen mit erfahrungsorientierten Lernformaten arbeiten, die am agilen Projektmanagement und am Design Thinking orientiert sind."
Dr. Jane Brückner
Das Lernen soll deshalb von den Studierenden weitestgehend selbstorganisiert und in Teams stattfinden. Die Lehrenden begleiten die Studierenden mit Hintergrundwissen, steuern das Projektmanagement, unterstützen bei technischen und fachlichen Details, beraten die Teams bei Fragen und Problemen und reflektieren den Lernfortschritt individuell, sowie im gesamten Kurs. Dieses neue Lernen müssen auch angehende Berufsschullehrer*innen ausprobieren, um neue Unterrichtsformate für die bevorstehende Unterrichtspraxis kennenzulernen. Das Projektteam DigiLehrbildung bietet im kommenden Sommersemester deshalb Kurse im Service Learning Format an. Die Studierenden arbeiten dann ein Semester lang gemeinnützig an Projekten für die Berufsschulen. Sie entwickeln und produzieren digitale Unterrichtsmedien für die Berufsschulen, die als Kooperationspartner Teil der Lehrveranstaltungen sind. Was für Unterrichtsmaterialien die Studierenden produzieren, wie sie diese herstellen und welche Inhalte die Materialien haben, können die Studierenden mit den Kooperationspartnern selbst festlegen. Diese Medienprodukte werden dann unter einer freien Lizenz als Open Educational Resources veröffentlicht.
"In unseren Seminaren werden die Studierenden zu Produzent*innen von freien Lehr- und Lernmaterialien. Sie erhalten die Möglichkeit in der kooperativen Projektarbeit produktiv gestaltend zu lernen und zugleich die Arbeit der Lehrer*innen in den Berufsschulen unmittelbar zu bereichern und zu erleichtern."
Anton Zscherpe
So werden im berufspädagogischem Studium dauerhaft Wissenserwerb und Kompetenzentwicklung mit einem aktiven Engagement im zukünftigen Berufsfeld verknüpft. Die Seminare haben ab März 2022 ihren festen Platz im Curriculum der beiden berufspädagogischen Studiengänge an der Hochschule Neubrandenburg im Modul Digitales Lernen.
"Die Hochschullehre öffnet sich damit einem kulturellen Wandel, der den Austausch von Lernenden mit der Gesellschaft sowie kooperative und kollaborative Lernformate in den didaktischen Fokus nimmt."
Dr. Jane Brückner
Das Projektteam:
Dr. Jane Brückner, Organisationsentwicklerin und Kommunikationsexpertin
Claudia Rösing, Gestalterin und Medienexpertin
Anton Zscherpe, Kulturpädagoge und Teilhabeexperte