In den vergangenen Jahren haben die Probleme mit Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus wieder vermehrt zugenommen. Daher werden Projekte, wie die „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ immer wichtiger. Diese sind eine Initiative der gleichnamigen Stiftung, gefördert durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat, die zu zahlreichen Aktivitäten in ganz Deutschland aufrufen. In diesem Jahr stehen die Aktionswochen unter dem Motto "Misch Dich ein". Bei der Auftaktveranstaltung am vergangenen Montag durften die Professorinnen Frau Dr.in Krüger und Frau Dr.in Wéber ihren Bericht "Lagebild Rassismus „Angst schwingt immer mit.“ Erfahrungen von Frauen in Mecklenburg-Vorpommern" im Landtag Mecklenburg-Vorpommern vorstellen. Dieser entstand als Ergebnis eines Forschungsprojekts mit Vertreterinnen zivilgesellschaftlicher Organisationen und der Hochschule Neubrandenburg, initiiert durch Lola für Demokratie in Mecklenburg-Vorpommern (Amadeu Antonio Stiftung).
Die Stimmen der Betroffenen: Eine qualitative Studie über den aktuellen Stand in Mecklenburg-Vorpommern
Die Studie entstand aus verschiedenen Motivationen. Nicht nur die stetige Zunahme rassistischer, antisemitischer und rechtsextremer Vorfälle sprach dafür, sondern auch die Tatsache, dass in ländlichen Gebieten wie Mecklenburg-Vorpommern keine Datensätze zu dieser Thematik vorhanden sind. Eine Tatsache, die für die Professorinnen alarmierend war, denn auch in diesen Gebieten gibt es besagte Vorkommnisse.
Daher ging es bei der Forschung darum, das Verhalten sowie die Bedeutung hinter Rassismus in ländlichen Gebieten zu verstehen. Um ein möglichst genaues Bild davon zeichnen zu können, wurden für die Studie 21 betroffene Frauen befragt, die in ihrem Alltag damit konfrontiert sind.
Mit diesem Hintergrund gibt der Bericht einen Überblick über die aktuelle Situation des Rassismus in Mecklenburg-Vorpommern, seine verschiedenen Facetten und beschreibt die Auswirkungen auf die Betroffenen sowie potenzielle Lösungsvorschläge zur Bekämpfung dieser Erscheinungen in der Region.
Die Ergebnisse sind erschreckend und belegen, dass Rassismus in Mecklenburg-Vorpommern ein ernstes Problem darstellt. Es wurde festgestellt, dass sowohl die Sensibilisierung als auch die Aufklärung zu diesem Thema noch zu wenig vorhanden sei. Dies ermutigte die Professorinnen Dr.in Krüger und Dr.in Wéber ihre Studienergebnisse aktiv in die Arbeit an der Hochschule Neubrandenburg einzubringen.
“Wir hier in MV”: Wie eine Webdokumentation das Bewusstsein für Rassismus und Zuwanderung in Mecklenburg-Vorpommern fördert
Aus diesem Grund entstand die Webdokumentation „Wir hier in MV“. Diese dient als neuer digitaler Ansatz, speziell für jüngere Generationen. Hierbei wurde mit einer angepassten Sprache gearbeitet sowie mit der Integration von Fallporträts. Zugänglich ist die Dokumentation für die Studierenden, aber auch für Personen außerhalb der Hochschule, um einen Einstieg in das Thema zu erleichtern. Damit möglichst vielen Menschen Zugriff dazu gewährt werden kann, soll künftig auch an mehreren Sprachversionen sowie an einer barrierefreien Ausführung gearbeitet werden.
An der Entstehung der Dokumentation waren die Studierenden aktiv beteiligt. Das Kapitel "Mecklenburg-Vorpommern: Ein Land zum Leben?“ wurde von ihnen entwickelt. Ziel war es, dem Narrativ, dass Mecklenburg-Vorpommern nichts mit Zuwanderung zu tun hat, entgegenzuwirken und die Zuwanderungsbewegung zu beleuchten.
Die Webdokumentation wird im Wintersemester 23/24 in den Seminargruppen der Studiengänge des Fachbereichs Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung eingesetzt. Begleitet wird dies durch das zusätzlich entwickelte didaktische Material. Somit wird der eingangsgenannte Bericht sowie die Erkenntnisse aktiv in der Lehre eingesetzt werden.
Hochschule Neubrandenburg verankert Prävention und Sensibilisierung in der Lehre
Es ist aber nicht nur die Webdokumentation, die ein Ergebnis des Berichts darstellt. Die Hochschule Neubrandenburg zählt zu den wenigen Schulen, die die Themen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus zum Pflichtteil des Bachelorstudiengangs der Sozialen Arbeit erklärt haben und verankert sie somit fest im Fachbereich. Damit ist sichergestellt, dass sich jeder Studierende schon vor dem Abschluss mit diesen relevanten Themen auseinandergesetzt hat, wodurch eine Professionalisierung erzielt wird. Darüber hinaus erfolgt eine Sensibilisierung der Studierenden, die für das Lehramt an Berufsschulen ausgebildet werden. Dadurch können sie dann dieses Wissen anschließend bei ihrer Arbeit weitergeben.
Die Hochschule Neubrandenburg hat sich eine „Dritte Mission“ gesetzt. Das bedeutet, dass die Hochschule nicht nur den Kontakt zu Bildung und Wissen herstellt, sondern darüber hinaus zum Meinungsaustausch einlädt. Dadurch leistet sie als Bildungseinrichtung einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus.
Hochschule Neubrandenburg: Ein Ort der Vielfalt und des Dialogs
Professorin Dr.in Krüger und Professorin Dr.in Wéber tragen mit ihrem Bericht wesentlich zur Aufklärung und Sensibilisierung bei. Darüber hinaus engagiert sich die Hochschule Neubrandenburg schon seit Jahren aktiv gegen Rassismus und für Diversity. Sie verfolgt das Ziel, allen Studierenden ein diskriminierungsfreies Studium, Arbeiten und Forschen zu ermöglichen. Um dies zu gewährleisten, stehen den Studierenden Gleichstellungsbeauftragte beratend und unterstützend zur Seite. Dafür wurde von dem Gleichstellungsbüro zusätzlich die „denkBar“ ins Leben gerufen. Dieses Format soll allen Hochschulbesuchenden einen Raum bieten, um miteinander über Gleichstellungsthemen zu sprechen und dadurch ins Gespräch zu kommen. Generell verfolgt die Hochschule einen integrativen Ansatz, um die kulturelle Vielfalt zu fördern. Dadurch haben die Studierenden die Möglichkeit während ihres Studiums auch ein Auslandssemester oder Praxissemester durchzuführen, um so andere Kulturen und Sprachen kennenzulernen.
Um Aufklärungsarbeit und Meinungsaustausch anzuregen, bietet die Hochschule unterschiedliche Workshops, Vorträge und Seminare im Rahmen des StudiumPlus-Angebots sowie diverse Forschungsprojekte rund um die Themen: Rassismus, Rechtsextremismus, Migration oder Integration. Viele der Angebote richten sich dabei nicht nur an Studierende, sondern auch an Lehrende, Mitarbeitende sowie Nicht-Studierende. Das Ziel ist es, die breite Öffentlichkeit für diese Themen zu sensibilisieren.
Im Juni 2021 hat die Hochschule Neubrandenburg außerdem die "Charta der Vielfalt" unterzeichnet. Dies ist eine Initiative zur Förderung der Vielfalt in der Arbeitswelt. Mit der Unterzeichnung des Dokuments verpflichten sich die Teilnehmenden, die Grundsätze der Initiative einzuhalten. Diese besagen unter anderem, dass die Unterzeichner*innen ein Klima der Akzeptanz und des gegenseitigen Vertrauens schaffen oder das sie intern und extern über das Thema informieren beziehungsweise es fördern.
Die Hochschule Neubrandenburg ist auf einem guten Weg
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Hochschule Neubrandenburg aktiv das Bewusstsein für die Themen Rassismus und Diversity fördert. Dennoch besteht außerhalb der Hochschule ein großer Handlungsbedarf. Wichtige Schritte sind beispielsweise Weiterbildungen für Lehrer*innen, Erzieher*innen, Sozialarbeiter*innen und Verwaltungsmitarbeiter*innen.
Das Studium zeigt deutlich, dass Lernen als lebenslanger Prozess zu verstehen ist. Deshalb besteht die Hoffnung, dass Menschen alte Denkmuster reflektieren und sich in neue Richtungen entwickeln können.