„Die Landschaft, in der wir leben, prägt nicht nur das Erscheinungsbild und die Nutzungsmöglichkeiten der Region, sondern auch die Identität der Bewohnerinnen und Bewohner“, erklärt Böttcher. Ziel ist es, die Veränderungen zwischen Lieps und Havelquelle seit dem Dreißigjährigen Krieg sichtbar zu machen. Das passiert beispielsweise durch klassische Forschungsarbeit, in der sie schriftliche Quellen oder Karten ausgewertet haben. Schwerpunktmäßig aber sprachen die Projektmitarbeiterinnen mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die über ihre Wahrnehmungen des Landschaftswandels aus eigener Erfahrung heraus berichten konnten. „Die Erzählungen ermöglichen einen persönlichen Zugang zur Region mit ihrer Geschichte und Landschaft. Es geht dabei nicht um eine Wissensabfrage, sondern um die individuelle Wahrnehmung“, ergänzt Reim.
Insgesamt fünfundzwanzig alteingesessene sowie zugezogene BewohnerInnen der Projektregion haben die beiden Wissenschaftlerinnen befragt. „Die große Bereitschaft, die Erinnerungen mit uns zu teilen, sehen wir als ein Zeichen dafür, dass das Thema Landschaftswandel für die Aufarbeitung der Geschichte relevant ist“, stellt Böttcher fest und setzt fort: „Die Erzählungen hauchen der Region Leben ein.“
ZeitzeugInnen haben die Veränderungen der Landschaft auf verschiedenen Ebenen wahrgenommen – vom Wandel der Land- und Forstwirtschaft über die Infrastruktur bis hin zu sozialen Aspekten. Gerade diese machen für sie einen wichtigen Teil des Landschaftswandels aus. „Früher waren sehr viele in den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften beschäftigt. Dadurch war das Betriebs- und Dorfleben untrennbar miteinander verbunden. Die Menschen haben zusammengearbeitet und zusammen gefeiert. Aber nicht nur die Landwirtschaft hat sich stark verändert. Auch Einrichtungen wie Schule, Gaststätten oder der örtliche Konsum fielen nach und nach weg“, führt Reim aus. „Das waren die Treffpunkte, in denen man sich austauschte. Heute haben sich die Dörfer häufig zu Schlafdörfern entwickelt, in denen alle unabhängig voneinander ihrem Alltag nachgehen.“
Die Erzählungen der Zeitzeugen hat das Projektteam in einem Buch zusammengefasst. Bilder der Befragten sowie stimmungsvolle Aufnahmen von Projektmitarbeiter Dr. Jens Hoffmann runden die Erkenntnisse ab und geben einen zusätzlichen Einblick in die Landschaftsgeschichte der Region. Das Werk soll noch im ersten Halbjahr 2021 erscheinen und zu einem besseren Verständnis des Landschaftswandels beitragen. „Wir im Forschungsteam freuen uns, wenn wir durch unsere Arbeit zum Nachdenken über den Landschaftswandel beitragen und möchten einen Dialog zwischen den verschiedenen Akteuren, die den Landschaftswandel mittragen, anregen.“, erklärt Reim abschließend.
Informationen und erste Einblicke in die Arbeit des HiRegion Reallabors „Landschaft“ gibt es unter: www.hs-nb.de/hiregion sowie www.hs-nb.de/iugr und der Website des Kooperationspartners „Klein Vielen e.V. (www.kleinvielen-ev.de) .