Frankreich - Le Bercail – Kinderheim mit familienähnlicher Sozialstruktur

Maёlle Schröder, Master Social Work

Auslandspraktikum in Frankreich

Meine Zeit in Frankreich

Ich hatte bisher immer einen Riesen Respekt davor, ins Ausland zu gehen, dort zu leben und zu arbeiten. Doch nachdem ich meinen Bachelor fertig hatte, dachte ich mir „Wenn nicht jetzt, wann dann?!“ und entschied mich dazu, für einige Monate ins Ausland nach Frankreich zu gehen, um dort ein Auslandspraktikum zu machen.

Über die Zusage einer Einrichtung im Elsass freute ich mich sehr und zugleich steigerte sich meine Aufregung. Ich gebe zu, dass der Weg bis zu der Zusage nicht unbedingt einfach war, da zum einen meine Anfrage sehr kurzfristig kam, aber zum anderen auch, weil die Franzosen es häufig nicht so ernst nehmen mit dem Antworten auf Mails. Mit Geduld, ein wenig Ausdauer und einer gewissen Hartnäckigkeit hat es letztendlich (nach vielen Anläufen) doch geklappt: ich hatte einen Praktikumsplatz in einem Kinderheim bekommen!

“Le Bercail – maison d’enfants à caractère familial” („Le Bercail – Kinderheim mit familienähnlicher Sozialstruktur“), so der ganze Name der Einrichtung, ist ein Kinderheim mit ungefähr 60 Plätzen und somit nicht gerade klein. Es liegt in Guebwiller, einer kleinen Stadt im Elsass zwischen Colmar und Mühlhausen am Fuße der Vogesen. In der Einrichtung leben die Kinder in insgesamt sieben unterschiedlichen Wohngruppen in gemischten Altersklassen.

Ich war total aufgeregt als ich auf dem Weg nach Frankreich war. Wie sich herausstellte allerdings unbegründet, denn als ich ankam, empfing mich direkt der Einrichtungsleiter und zeigte mir mein Zimmer. Ich wohnte mit auf dem Gelände und teilte mir eine kleine WG mit Katrin, einer Freiwilligendienstleistenden aus Deutschland. Zu Anfang fand ich es nicht so gut, in einer WG mit einer anderen Deutschen zu wohnen, da ich ja in Frankreich war, um mein Französisch zu verbessern. Aber wie sich später noch herausstellte, war es gar nicht so schlecht ebenfalls eine deutsche Gesprächspartnerin zu haben, denn manchmal war das Arbeitsfeld so herausfordernd, dass es guttat, sich von Zeit zu Zeit mit jemandem in der Muttersprache austauschen zu können.

Mein Tutor stellte mich am nächsten Tag meinen KollegInnen und den Kindern aus meiner Gruppe vor. Zu Anfang waren die Kinder in meiner Gegenwart noch etwas verhalten und auch ich sagte zunächst nicht so viel. Ich musste mir erst mal alles anschauen und mir ein Bild von der Gruppe machen… und dann war da ja auch noch die Sprachbarriere.

In meiner Gruppe waren 10 Kinder im Alter von fünf bis 14 Jahren. Eine ziemlich große Altersspanne, die wie ich finde, Vor- und Nachteile hat. Ich habe die Kinder in ihrem Alltag begleitet und ihnen bei allen anfallenden Aufgaben und alltäglichen bzw. individuellen Problemen zur Seite gestanden. Zu meinen Aufgaben gehörte sowohl das Managen des normalen Alltags (wie z. B. Begleiten von Mahlzeiten, Begleitung der Schulwege, Unterstützung bei den Hausaufgaben, Begleitung von Arztbesuchen usw.), als auch die Freizeitgestaltung der Kinder. Es war aber ebenso notwendig, die Krisen einzelner Kinder zu begleiten und Krisensituationen zu managen. Ich bin schnell mit meinen Aufgaben gewachsen und habe gelernt, mich bei den Kindern gut durchzusetzen. Wie jeder musste auch ich mir den Respekt der Kinder zunächst erarbeiten, aber sie lernten mich schnell als zusätzliche Mitarbeiterin schätzen. Natürlich war es nicht immer ganz harmonisch, das kann bei einer Gruppe von 10 Kindern aber auch schlecht erwartet werden. Kinder bleiben nun mal Kinder und da kann es auch schon mal turbulent werden. Außerdem: jeder der Geschwister hat, weiß, dass ab und zu auch gestritten wird und es mal kracht. ?

Im Elsass ist es sowohl im Sommer als auch im Winter wunderschön. Die Berge der Vogesen laden zum Wandern, Skifahren oder Rodeln ein. Das Erlebnis mit „meinen“ Kindern beim Schlittenfahren und bei der Schneeballschlacht werde ich so schnell nicht vergessen. Es gibt zwar so einige schöne Momente, an die ich mich gerne zurückerinnere, aber dieser gehört wohl zu den schönsten Momenten, die ich mit den Kindern hatte. Auch mit meiner Mitbewohnerin habe ich in meiner Freizeit viel Zeit draußen in den Bergen verbracht. Besonders hängen geblieben ist unsere Wanderung auf den „Grand Ballon“, den höchsten Berg der Vogesen. Außerdem sind im Elsass einige der schönsten Dörfchen Frankreichs, die definitiv einen Besuch wert waren. Im Elsass gibt es außerdem überall Weinberge und Weingüter. Wer Weinliebhaber ist, ist dort also an der richtigen Adresse! Colmar und Straßburg sind außerdem bekannt für ihre schönen Weihnachtsmärkte in der Winterzeit.

Die Arbeit im Kinderheim war definitiv nicht immer leicht und häufig sehr herausfordernd. Gerade zu Anfang ging es darum, sich bei den Kindern durchzusetzen, was mir nicht immer leichtfiel. Es war einerseits schwierig aufgrund der Sprache, aber andererseits wusste ich manchmal auch einfach nicht, was ich tun soll. Auch das gehört dazu! Ich hatte mit meinen KollegInnen und meinem Tutor allerdings immer tolle Ansprechpartner, an die ich mich jederzeit wenden konnte. Ich bin mit der Zeit immer mehr aus mir herausgekommen und habe mich im Laufe des Praktikums stetig weiterentwickelt. Die Zeit war sehr bereichernd für mich und hat mich in meiner Arbeit und meiner Profession bestärkt.

Insgesamt kann ich nur sagen, dass mir mein Auslandspraktikum wirklich sehr gefallen hat und ich es jedem weiterempfehlen würde. Ein Aufenthalt im Ausland und die Arbeit in einem fremden Land tragen dazu bei, deine Fähigkeiten und Kompetenzen auszubauen und deinen Freundes- und Bekanntenkreis zu erweitern. Zudem ist es natürlich eine tolle Gelegenheit, eine Sprache zu verbessern oder zu erlernen. Auch wenn ich es selbst gar nicht so mitbekommen habe, haben meine KollegInnen mir immer wieder rückgemeldet, wie sehr sich mein Französisch schon verbessert hat. Ich habe auch gemerkt, dass mir der Umgang mit den Kindern so nach und nach bzgl. der Sprache immer leichter gefallen ist. Der Wortschatz wurde größer, die Angst vor dem Fehlermachen kleiner, mit der Zeit gewöhnt man sich einfach daran, in einer anderen Sprache zu sprechen. Für mich war das Auslandspraktikum einfach eine großartige Erfahrung, aus der ich ganz viel mitnehmen konnte und aus der ich viel dazu gelernt habe. Ein Aufenthalt im Ausland ermöglicht es dir, dich weiterzuentwickeln, über dich hinauszuwachsen und über deine Grenzen zu gehen. Wie ich eingangs schon geschrieben habe, war es eine große Herausforderung für mich, ins Ausland zu gehen, aber ich bereue es keine Sekunde, diesen Schritt gewagt zu haben.

Ich würde es definitiv nochmal machen, also schaue auch Du über deinen Tellerrand! ?